Piratenschlacht - Forum

Linturion stand an Bord der Smaug, ein letztes Mal strich er über das alte schwarze Holz des Schiffes und sog die salzige Meerluft ein. Ein Blick über das Deck und wieder kam diese ungewohnte Schwere über ihn. Sein Vater hatte ihn nicht geliebt, das mit Sicherheit nicht, aber er wollte nur das Beste für seinen Sohn. In jenen Stunden kurz vor seinem Tod waren sie sich um ersten und einzigen Male seelisch nah gewesen, in jenem Kampf, der sein Leben forderte.

Der junge Pirat zog den Eisbärfellmantel enger um sich, ein Sturm zog auf und die Winde waren ungewöhnlich kalt.

Nun denn Vater... so ist es an mir, dein Erbe anzutreten und dir das zu geben, was dein ist...

In seiner rechten hatte er eine Fackel, die orangenen Flammen tänzelten im stärker werdenden Wind und vor Linturions Füssen schlängelte sich eine Spur Schwarzpulver.

169 Sekunden würde sie benötigen, bis sie im Pulvermagazin ankam und die Smaug ihrem Besitzer näher brachte. Sein Blick war kalt, eisig beinahe, und er atmete ein letztes Mal durch.

Eine ganz in einen langen nachtschwarzen Umhang eingehüllte Gestalt mit sehr tief gezogener Kapuze näherte sich in Linturions Rücken. Auf der Schulter saß, wie so oft eine nicht minder schwarze Krähe. Wenige Schritte hinter ihm, blieb sie stehen. Das Gesicht war nicht zu erkennen..in dem tiefen Schatten der Kapuze...nur die unruhig ihre Hände umspielenden tief rot-schwarzen Flammen verrieten wohl so manchem..wer dort erschienen war. Langsam zog sie ihre Kapuze zurück und ihre langen blauschwarzen Haare suchten sich nun ungestüm ihren eigenen Weg. Es war niemand anderes als Mornaira...die Cousine Duranors...Schattenherrin Nephilims und so vieles mehr..war sie in den letzten Stunden gewesen. Schuld nagte tief an ihr...er war für sie gestorben und hatte sie und damit ihr ganzes dunkles Reich vor viel schlimmeren bewahrt.

Stumm beobachtete sie seinen Sohn...dessen Hüterin sie so lange gewesen war. Dann ging Mornaira anmutig auf die Knie..eine Hand griff nach dem Staub zu ihren Füssen und sie verteilte ihn auf ihren beiden Händen.

Staub und Schatten....leb wohl...Duranor...mein Cousin...

Ihr Antlitz war kühl und regungslos..sie verbarg wie stets..was wirklich in ihr tobte..nur ihre Flammen waren viel röter und unruhiger als sonst. Sie war gekommen um ihm ihr letztes Geleit..ihren Dank zu zollen und ihn zu ehren...

Nun war sie..wieder die einzige älteste aller Schatten.

Linturion drehte den Kopf, sah zur Herrin Nephilims. Sie waren durch so viele Schlachten gemeinsam gegangen, sie und ... ER.

Ihr... solltet von Bord gehen...

Er hatte in den Logbüchern seiner Familie gelesen, denn er wusste nicht, was er tun sollte, um sein Erbe anzutreten. Narindo war beim Tode seines Vaters dabei, Turilek starb am Alter und Narindo verbrannte Schiff und Leichnam. Das gefiel Linturion, nur lag die Leiche Duranors tief am Grund des Meeres.

Narindo starb durch die Hand seines Sohnes, und das Schiff brannte bereits, so dass Narindo mit seiner Karacke in die Tiefe gezogen wurde. Ungworian fiel von Bord, als er seinen Sohn im Wahn töten wollte und wurde von einem Hai gefressen... Ein Lächeln huschte über Linturions Gesicht. Auf Zeichnungen und Gemälden hatte er die Ähnlichkeit zu seinem Ahnen schon lange erkannt...

Wahnsinn war weit verbreitet in seiner Familie, Gwathmegil war so wahnsinnig, dass er die Herrin bat ihin zu töten... und Duranor, Gwathmegils Sohn hatte das getan, was er nun tun würde...

Linturion entzündete die Lunte.

169.. 168... Herrin.. ihr solltet verschwinden..

Mornaira erwiderte den Blick Linturions. Ihre schwarzen Augen waren von tiefem Schmerz, Trauer und einem kleinen Funken Schuld durchzogen.

Nein...mein Platz ist hier...

Noch konnte sie einmal an seiner Seite sein. Das lies sie sich in keinem Fall nehmen. Sie beobachtete den jungen Mann..über den sie seid seiner Geburt gewacht hatte...nur sein Vater und sie hatten den Ort gekannt..an dem er erzogen und ausgebildet worden war.

Mornaira beobachtete schliesslich die Lunte. Langsam stand sie auf..trat noch einen Schritt näher zu Linturion.

Komm..

Sie hielt ihm ihre Hand hin.

Linturion schüttelte den Kopf.

Noch nicht.... 145....144...

Er verfolgte begierig den Lauf des Funkens und der Blick wurde wahnsinniger. Adrenalin füllte seine Adern und er genoss es, dieses Spiel mit dem Feuer.

... Herrin... ihr solltet gehen..., wiederholte er.

Mornaira trat noch einen Schritt näher und wieder einen..bis sie neben Linturion stand. Sie griff nach seiner Hand.

Nein...jetzt ist mein Platz hier..

Das Feuer spiegelte sich in ihren schwarzen Augen wieder und gab ihnen einen roten Glanz.

Er hat damals... bis 69 gewartet... 120...119...

Und einen verbrannten Rücken davon zurückbehalten... Fasziniert starrte Linturion zur brennenden Lunte.

Er .. wird mir fehlen. Seine Schimpfereien vor allem..

Mornaira nickte ernst.

Mir auch...seine kritischen Ratschläge...und so vieles...

Sie blieb regungslos da stehen...noch wollte sie nicht gehen.

99...98..

Linturion musste lachen. Laut und schrill.

Er wusste immer alles besser... auch, wenn es nicht so war..

Er kraulte sich das Kinn.

Nun... der Knall wird so laut, dass selbst Davy Jones es hören wird...

..und so werde ich Davy Jones neiden...er erlangt ihn nun in seinem feuchten Reich...

Sie sprach es nicht aus, aber es war ein Abschied für immer..wie sie schon so vielen die letzte Ehre geboten hatte.

Etwas anderes hätte er sich nicht gewünscht...

Und in Nephilim hat er sich durch so vieles unsterblich gemacht.

Gedankenverloren starrte Mornaira auf das stolze Schiff...welches auf der letzten Reise so grosses vollbracht hatte.

.... 75.... 74... wenn ich bei 49 Sekunden bin... lauf!

20 Sekunden länger als sein Vater, Zeit, um vom Bug, über das komplette Deck hinauf auf das Heck zu rennen und von dort oben hinunter zu springen, in das sichere Wasser.

Oder geh jetzt...

Linturion konzentrierte sich. Er dachte an seine Ankunft in Nephilim, seine Sucht und auch seine Suche. Und wie sein Vater stets versucht hat, ihn zu schützen, denn auch wenn Linturion das nie eingesehen hat, so war es.

Ein letztes Mal hob er das Schwert seines Vaters.

Nephilim victor!, schrie er in die Nacht hinaus.

Ehre und Schatten...Duranor...leb wohl...nun triffst du sie alle..dort auf der anderen Seite...deine ganze Ahnenreihe von Anbeginn...grüsse sie...

Sie sprach nicht aus, was noch ihr dunkles Herz für einen Moment bewegte. Sie neigte ein letztes Mal den Kopf zum Gruss..zu einem stillen Lebewohl, dann drehte sich Mornaira um und ging Schritt um Schritt zügig aber auch nicht in totaler Eile über das Deck. Ihre Hand streichelte sanft das Holz des Schiffes....immer weiter hinauf zum Heck.

Linturion genoss diese letzten Momente allein. In Gedanken zählte er mit. 63....62...

... Der Schatten währt ewig... und ewig hast du deinen Platz im grossen Buch des Schattens erkämpft, der Familie Ruhm und Ehre gebracht... ich ehre dich Vater als vierte Macardargo Nephilims... Asche zu Asche... Schatten zu Schatten...

53....52....

Mornaira war schwermütig...oben am Heck angekommen, strich sie zärtlich über das schwarze Holz des alten Schiffes.

Du hast wundervolle Dienste geleistet..es ist gut..das er dich an deiner Seite haben wird..

Sehr langsam setzte sie sich auf die Reeling und blickte mit ernster sehr kalter Miene über das Schiff. Wie stets verbarg sie, alles sehr tief in sich, wo keiner es entdecken konnte.

Linturion drehte sich um, eilte in Richtung Deck.

49....48...

Er sprang über eine der Kisten, verfing sich, stürzte und rollte sich ab. Schnell war er wieder auf den Beinen und eilte die Treppe hoch zum Deckaufbau.

28...27...

Mornaira stellte sich auf die Reeling, mit einer Hand hielt sie sich an einem der Seile fest. WO blieb er?

Linturion!, donnerte ihre Stimme über das Deck.

Dann sprang sie geschmeidig und katzenhaft von der Reeling wieder auf die Planken des Schiffes...sie hatte ihn gesehen..er strauchelte..ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden, rannte sie zurück aufs Schiff ihm entgegen..gleich konnte sie seine Hand greifen.

Schon gut.. LAUF... und SPRING...

Er griff ihre Hand, rannte weiter in Richtung Heck, stiess sich vom der Reling ab und spürte die kühle Luft, als er fiel.

Dann explodierte die Smaug, er spürte die Hitze, den Druck, für einen Moment, hatte er das Gefühl sein Rücken würde brennen, dann aber tauchte er ins Wasser und alles war kühl.

Mornaira wurde mitgerissen und stiess sich von den Schiffsplanken ab. Einen Augenblick später spürte sie, wie das kühle Wasser sie einschloss. Fest umschloss sie Linturions Hand und tauchte vom Schiff weg. Erst als es gar nicht mehr ging, riss sie ihn mit sich in die Höhe und schnappte nach Luft.

Du bist..., schnaufte sie, ...total verrückt...WAS sollte das?

Linturion prustete und lachte. Ein böses Lachen, welches weit über die Insel schallte.

Nur so weiss man, dass man noch lebt...

Er blickte zu dem brennenden Wrack, was langsam begann zu sinken.

.. hast du es gespürt? Diese Engergie?

Mornaira beugte sich zu ihm und tunkte ihn wieder unter. Sie grinste.

Verrückter junger Schatten...Marcadagro..

Das könnten meine Worte sein..ihr Blick ruhte auf dem langsam sinkenden Wrack. Schwermut war ihn ihr und so wurde ihre Gesichtszüge wieder kalt.

Ich neide dir..weil du sie wiedersiehst...Namarie..

Dann wendete sich Mornaira ab und begann zu schwimmen..sie musste raus aus dem Wasser. Sie hasste es nass zu sein.

Du hast immer eine Wahl..

Er befreite sich und schwamm mit kräftigen Zügen in Richtung Strand. Der Wind frischte immer weiter auf, dunkle Wolken zogen auf und das ferne Grollen eines Gewitters war deutlich zu hören.

Linturion schleppte sich an Land, die Kleidung war nass, triefend und dementsprechend schwer. Er blickte auf die See und sah noch, wie der letzte Mast im Meer versank.

Mornaira schwamm in ruhigen Zügen. Sie hatte kurz innegehalten, den langen Umhang gelöst, der immer wieder ihre Beine einfangen wollte...ihn irgendwie aufgerollt und an sich festgeknotet. Nun waren ihre Bewegungen flink, kräftig und geschmeidig. So näherte sie sich zügig dem Strand und bald fühlte sie Sand unter ihren Füssen und watete an Land. Erst als sie aus dem Wasser raus war, lies sie sich in den Sand sinken.

Nein..nicht wirklich...es würde alles vernichten und das weisst du...

Die Lippen bewegten sich nicht und sie schwieg. Mornaira fixierte alle ihre Gedanken auf Linturion und wusste er würde ihre Worte klar und deutlich hören..es verband sie trotz seiner Jugend schon viel. Er hatte den Schwur bereits abgelegt.

Stumm nickte Linturion, er legte den Mantel ab, die Beinkleider und der Rest folgte.

Er spürte, dass die Haut auf seinem Rücken verbrannt war. Teilweise zumindest. Linturion legte sich eine Decke über, die einer seiner Matrose gebracht hatte.

... die Smaug ist Vergangenheit...

Es war Zeit den Namen seines Schiffes zu wählen.

... es lebe die Telda Uroloci!

Mornaira lächelte. Nur ihre Augen blieben schwermütig.

Ein guter stolzer Name..für ein stolzes Schiff...Käptn.

Ihre Augen fixierten den Punkt auf der unruhigen See, wo nun das feuchte Grab Duranors war. Wann immer es ging, würde ihre Agarwainu, ihr wunderschöner blutbefleckter Racheengel, das schwarze Schiff mit den blutroten Segeln, zur Stunde seines Todes an jenem Tag dort ankern. Das beschloss sie still in diesem Moment, wo sie ihren Blick nicht lösen konnte.

Linturion nickte.

Möge es ebenso viel Schrecken verbreiten...

Er schaute nochmals kurz zu der Stelle, wo die Smaug versunken war, dann drehte er sich weg.

Wir ... sollten gehen..

Mornaira nickte und stand auf. Sie klopfte sich den Sand von der Kleidung.

Ja..das sollten wir.

Noch einmal sah sie auf das Meer, dann drehte sie sich weg und ging. Langsam und stetig..fort vom Strand.